Sechster Hilfstransport: ereignisreich und emotional

Von Freitag, 6. Mai bis Sonntag 8. Mai war unser sechster Hilfstransport unterwegs. Unser Team bestand aus drei Fahrzeugen, sechs Fahrern (Pierre, Dirk, Christian, Bernd, Carmen und Jochen) und unserer Dolmetscherin Larisa.

Hier der Bericht von Dirk:

Bayrisches Bier für Lwiw, rührende Familienzusammenführung in Riedenberg, Open Air Kindergarten und Bionade für alle. Das ereignisreichste und emotional bewegendste Wochenende seit Beginn unserer Hilfsmissionen liegt hinter uns. Fahrt Nr. 6 ins Krisengebiet ist erfolgreich abgeschlossen.

Ursprünglich war die sechste Fahrt des Teams von „Bad Brückenau hilft“ eine Woche früher geplant, doch wir hatten zusätzlich zu den vielen Sachspenden noch eine große Menge medizinischer Hilfsgüter eingekauft, die wir über unsere Freunde in Lwiw weiter an ein Krankenhaus in der Zentralukraine gesendet haben. Dort werden Menschen aus Gebieten behandelt, in denen es keine Krankenhäuser mehr gibt, da sie zerstört wurden.

Apropos zerstört… Nur ein paar Tage vor unserer Abreise erreichte mich in der WhatsApp Orgagruppe aus Lwiw live die Meldung, dass gerade einige Raketen nur ein paar hundert Meter neben der Sammelstelle unserer Brückenauer Hilfsgüter eingeschlagen sind. Wir alle waren durch die Meldung und Bilder ziemlich betroffen, und ich fragte direkt nach, ob alle soweit in Ordnung sind. Alle waren wohlauf, ich sendete im Namen unseres Teams die besten Grüße und wünschte allen gute Nerven und viel Kraft. Außerdem versprach ich, ihnen eine Kiste bayrisches Bier mitzubringen auf der nächsten Tour. Bewegt von dieser Geschichte, unterstützte uns Heiko Zeier von Will Bräu Motten mit drei Kisten ihres herrlichen Gerstensafts. Zwei davon schickten wir nach Lwiw und eine ins Krankenhaus nach Kamyanets. Die Vorfreude war riesig!

Am letzten Freitag starteten wir mit drei Bussen nach Machowa in unser Crew Hotel Sezam Machowa, wo wir wie immer herzlich empfangen wurden. Nach 5 Stunden Schlaf und einem kurzen Frühstück verabschiedeten wir uns von der lieben Marzena, der Empfangschefin des Hotels. In Przemyśl angekommen wartete bereits ein ukrainischer Transporter auf uns, in den wir die vielen Hilfsgüter aus Bad Brückenau verluden. Wie bereits bei den letzten Transporten bedankte sich der Fahrer sehr herzlich bei uns für die wertvolle Hilfe für sein Volk. Tränen der Rührung standen ihn in den Augen und ohne weitere Worte sagen zu können, stieg er gerührt in seinen Transporter und brach auf in Richtung Ukraine.

Wir fuhren weiter zum Ankunftszentrum in Przemyśl, dort lernten wir die neue Koordinatorin Antonia kennen. Sie organisierte uns einen Platz direkt gegenüber des Eingangs und freute sich sehr über unser Angebot. Zitat: „Bei euch merkt man, dass ihr alles mit Liebe vorbereitet habt…“. Gemeint hatte sie damit neben den gepackten Turnbeuteln für Kinder unsere umfangreiche Auswahl an Lebensmitteln, die wir an die Menschen vor Ort verteilten. Wir legen bewusst Wert auf Qualität, und dies wurde auch sehr häufig wertgeschätzt von vielen Offiziellen und natürlich auch den geflüchteten Menschen. In etwa 5 Stunden waren all unsere Getränke und das Essen restlos verteilt.

Wir lernten die Schweizerin Carmen kennen, die mit ihrem Team vor dem Ankunftszentrum eine Art Outdoor-Kindergarten organisiert hat. Ein kleines Zirkuszelt ist aufgebaut, ein Trampolin, viele Spielgeräte und jede Menge Freiwillige, die sich um die vielen vielen Kinder in einem sicheren, eingezäunten Bereich kümmern. Carmen und ihre Helfer aus der ganzen Welt nehmen sich viel Zeit für die überwiegend weiblichen Besucherinnen, diese werden teilweise psychologisch betreut und mit notwendigen Dingen versorgt. Eine unglaublich wertvolle Einrichtung, die nicht von einer großen Hilfsorganisation organisiert wird, es ist alles Eigeninitiative von einem Haufen Freiwilliger. Carmen unterstützten wir mit reichlich Mineralwasser.

Zum ersten Mal übernachteten wir vor der Heimfahrt nochmal vor Ort in Przemyśl. In unserer Unterkunft war auch eine Familie aus der Hafenstadt Odessa untergebracht, die am nächsten Morgen mit uns nach Deutschland reiste. Unsere Dolmetscherin Larisa Kisliak stellte uns die drei Frauen vor, die uns sofort in ihr kleines Zimmer einluden. Die Herzlichkeit und Wärme, die wir spüren durften, bewegte uns an diesem Tag erneut. Nach ihrer unglaublich strapazierenden Flucht aus der mittlerweile massiv bombardierten Heimatstadt boten sie uns allen ihre letzten Lebensmittel aus der Heimat an, die sie mitgenommen haben: ukrainischen Speck, Brot, Walnüsse und Süßigkeiten. Etwas zögerlich nahmen wir die Einladung an, was alle sichtlich erfreute. Wir erfuhren viele Geschichten aus Odessa. Vika, eine der Frauen, begleitete uns dann zum Abendessen, es hat ihr merkbar gefallen, etwas Normalität zu erleben.

Am frühen Abend fielen wir alle erschöpft in die Betten, um 6 Uhr am Sonntag nochmal schnell unter die Dusche und pünktlich um 7 Uhr ging es ohne Frühstück los. Mit unseren 3 Damen fuhren wir zu einem vereinbarten Treffpunkt, dort holten wir Witaly ab. Er spricht ausgezeichnet englisch, wir wunderten uns ein wenig, wieso er als ukrainischer Mann ausreisen darf. Grund dafür ist, dass er in Polen und Deutschland alte Autos kauft, diese vollpackt mit Lebensmitteln, Medikamenten und anderen Hilfsgütern und diese direkt in die Kampfgebiete fährt. Nur geschützt durch selbstgebaute Stahlplatten, die ihn im Auto vor Kugeln schützen sollen. Ein wahrhafter Held!

In einem Hostel in Przemyśl holten wir noch Yuliia mit ihren beiden Kindern ab, und dann ging es los, 1200 Kilometer nach Deutschland. Je weiter wir uns von der Grenze entfernten, desto gelöster wurde die Stimmung, und die Vorfreude der Gäste in unseren Bussen konnten wir alle spüren.

Um 22 Uhr brachten wir Vika, ihre Mutter und Schwiegermutter zu Ruslana nach Riedenberg, der Schwester von Vika. Schon beim Anblick ihrer Schwester brach es aus Vika heraus. Kaum war die Türe unseres Busses geöffnet, lagen sich die Frauen glücklich in den Armen, sie waren im Frieden angekommen. Christian Wirth und ich waren selbst sehr ergriffen von dieser bewegenden Situation, die Familie war wieder vereint. Die Mama von Vika und Ruslana bedankte sich sehr herzlich bei uns und lud unser gesamtes Team nach Odessa ein, um ihre Gäste zu sein. Wir haben ihr versprochen, dass wir das bestimmt machen werden.

Im Staatsbad empfing dann die Brückenauerin Alexandra Schlothauer die ukrainische Mama Yuliia mit ihren beiden Kindern, die sich ebenfalls sehr darüber freuten, nun erst einmal in Sicherheit zu sein.

Viele traurige, aber auch schöne und motivierende Geschichten durften wir von unseren Gästen erfahren. Gäste, die in ein paar wenigen Stunden zu Freunden werden. Die Herzlichkeit und Menschlichkeit aller bisher kennengelernten Frauen, Männer und Kinder ist es, die uns allen immer wieder neue Kraft spendet und den Sinn in unserem Tun immer weiter verstärkt. Wir entwickeln immer wieder neue Ideen, und diese lassen uns noch professioneller agieren.

Die nächste, mittlerweile 7. Bad Brückenauer Friedensmission ist bereits in Planung. Am Pfingstwochenende werden wir wieder aufbrechen, um weiter zu helfen. Und auch heute möchte ich es nicht vergessen, euch allen zu danken, für jeden einzelnen Euro Spendengelder, für die wahnsinnig großzügigen Sachspenden, für eure Treue und Wertschätzung, die ihr uns alle in so vielfältiger Weise schenkt.

Danke danke danke!

Und ein extra riesen Dankeschön geht an Bernd, der letzte Woche ganz spontan aus Miltenberg mit seinem Motorrad angereist ist, um uns auf unserer Reise tatkräftig zu unterstützen. Ein toller Mann mit einem riesen Herz.

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